Cicero: Orator (Sammlung Tusculum)

von Alexandra Walterskirchen
Cicero: Orator (Sammlung Tusculum)“

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Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.) ist der bekannteste Autor klassischer römischer Literatur, Politik und Philosophie. Sein Werk „Orator“ (Der Redner) – nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen Werk „De Oratore“ (Über den Redner) – zählt zu seinen heutzutage eher unbekannten rhetorischen Schriften. Die Ausgabe der Sammlung Tusculum besteht aus einem zweisprachigen Hauptteil (lateinischer Originaltext/deutsche Übersetzung), einer Einführung, einem Eigennamenverzeichnis und einem Nachwort.

Der „Orator“ ist 46 v. Chr. entstanden, nachdem Cicero zwar von Caesar wie alle Anhänger des Pompeius begnadigt worden war, aber am aktiven politischen Geschehnissen nicht mehr teilnehmen konnte. So blieb Cicero anstelle der Praxis nur noch die Theorie bzw. die Schriftstellerei. Seine erste Schrift nach der Machtübernahme Caesars ist der „Orator“, in dem die Geschichte der römischen Rhetorik und des idealen Redners beschrieben wird. Das Werk ist Brutus, seinem gegenwärtigen Freund und dem späteren Mörder Caesars, gewidmet.

Cicero, selbst ein bedeutender „Orator,“ fällt es leicht anhand der Geschichte den Gipfel der lateinischen Beredsamkeit und das Bild des vollkommenen Redners zu skizzieren, kann er doch aus seiner eigenen Entwicklung und seinen persönlichen Leistungen schöpfen. Er richtet sich damit gegen eine Gruppe vorwiegend jüngerer römischer Redner, die zu jener Zeit an Popularität zunahm. Diese Gruppe war in Theorie und Praxis unterschiedlich orientiert und folgte modernen rhetorischen Idealen, die sich von Cicero und andere traditionellen Rednern unterschieden. Die antike Rhetorikstil-Kontroverse ist heute unter den Namen „Attizismus und Asianismus“ bekannt.

Die Thematik und Methodik des Werkes „Orator“, welches aus Prooemium, Hauptteil und Epilog besteht, ist von Cicero klar formuliert worden: Es geht in der Schrift um die vollkommene Form des Redners und um das Ideal der Beredsamkeit überhaupt. Cicero möchte keine Schulregeln oder Mittel zum Erwerb der rhetorischen Kunst geben bzw. auf Vorschriften und Regeln verweisen. Das heißt, er will nicht als Lehrer gesehen werden, sondern als kritischer Kenner und Beurteiler der Thematik. Die Zielperson ist nicht der Schüler, sondern der mündige Gesprächspartner, dem das Idealbild des vollkommenen Redners (Orator) präsentiert wird. Cicero spricht als Kenner und Kritiker seines Metiers zu einem anderen Kenner, nämlich Brutus. Der „Orator“ kann durchaus als wissenschaftliche Abhandlung Ciceros für Intellektuelle seiner Zeit verstanden werden, denen er nicht rhetorische Einzelheiten lehren, sondern seine Sicht spezieller wie auch grundlegender Fragen der Rhetorik darlegen will. Cicero selbst bezeichnet seine Darstellung als „Schattenriss“ (adumbrare), d.h. er betrachtet das rhetorische Idealbild aus einer bestimmten Distanz und konstruiert es nicht, sondern visiert es nur an. Cicero geht es nicht um Systematik und Schematik, sondern um das wesentliche Ziel, das im „Orator“ dargestellt wird.

Das Werk „Orator“ ist sicherlich kein leichtes Werk, was aber keineswegs an seinem Text und präzisen Aufbau, sondern vielmehr an seinem Thema liegt. Denn was sich für Cicero als eine selbstverständliche, logische Betrachtung und Bewertung der rhetorischen Kunst bzw. der Wortkunst darstellte, ist dem modernen Leser, dem diese Voraussetzungen im allgemeinen fehlen, schwer zugänglich oder ganz verschlossen. Der Leser muss sich beim Lesen und Übersetzen des Textes immer wieder daran erinnern, dass „Orator“ eben kein Lehrbuch ist, sondern eine Standortbestimmung, ja teilweise sogar eine philosophische Betrachtung, in der es um ein Idealbild geht, ähnlich einem Idealstaat. Der Inhalt wird sich dem Leser am besten erschließen, wenn er von einer philosophischen Konzeption ausgeht, d.h. der Suche nach dem idealen Redner, den Cicero „wie zufällig“ in sich und seiner oratorischen Leistung findet bzw. in Brutus, den er als Fortsetzer seines Weges sehen möchte. Cicero macht bei allem deutlich, dass nicht die Redebegabung im Vordergrund stehen sollte, sondern der Ausdruck des Gefühls der persönlichen Verbundenheit des Redners mit seiner Rede, wie er in 132 schreibt: „Nicht die Kraft meiner Begabung, sondern die gewaltige Kraft meiner Leidenschaft entflammt mich so sehr, dass ich meiner selbst nicht mehr mächtig bin. Wird doch ein Hörer nur dann entzündet, wenn es eine flammende Rede ist, die ihn erreicht!“

Mein Fazit: Ein sehr tiefgründiges, interessantes Werk über die Kunst der Rede bzw. Rhetorik, von der die modernen Menschen, die verlernt haben, was hochwertige Rede und Sprache wirklich bedeuten, einiges lernen könnten. Wörter und Sätze sind nun mal nicht nur Wörter und Sätze sondern sollten Rhythmus und „Adel“ haben, die die Ohren der Zuhörer erfreuen und die menschliche Seele berühren. Sehr empfehlenswert!

Hrsg. v. Bernhard Kytzler
De Gruyter Verlag, Reihe Sammlung Tusculum
Gebunden, 267 Seiten
Sprache: Deutsch/Lateinisch
Erscheinungsdatum: 1998
ISBN 978-3-11-035623-6

29,95 Euro

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