Xenophon: Die Verfassung der Spartaner

von Alexandra Walterskirchen
„Xenophon: Die Verfassung der Spartaner“
Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Stefan Rebenich

Xenophon (ca. 430/425 bis 354 v. Chr.) war ein griechischer, attischer Politiker, Feldherr und Schriftsteller sowie Schüler des Sokrates. Er kämpfte, nachdem es zu Unstimmigkeiten mit Athen gekommen war, in mehreren Kriegen auf Seiten der Spartaner, wofür er ein Landgut in Skillus erhielt, und wurde zu einem Bewunderer der spartanischen Schlacht- und Lebensordnung. Sein Werk „Die Verfassung der Spartaner bzw. Das Staatswesen der Lakedaimonier zählt neben dem Gesetzeswerk des Solon zu den ältesten Verfassungen der Menschheit.

Im Gegensatz zu Solon ist Xenophons Werk aber eine deutliche Absage an die demokratische Verfassung Athens, und der Autor macht keinen Hehl aus seinen oligarchisch-aristokratischen Neigungen. Xenophon wuchs in einer begüterten, aber politisch nicht aktiven Familie auf. Er gehörte zu denjenigen Athenern – zu denen im übrigen auch Sokrates zählte -, die die Demokratie aufgrund ihrer politischen Kurzsichtigkeit und einer Reihe von Niederlagen im Peloponnesischen Krieg ablehnten. Jene Athener sympathisierten mit dem politischen Modell Spartas und seinem Doppelkönigtum. Ihrer Ansicht nach konnte nur diese einzigartige Verfassung den kleinen Staat Sparta zur mächtigsten und berühmtesten Polis in ganz Griechenland gemacht haben.

Das Werk „Verfassung der Spartaner“ zeigt dem Leser, welche Faktoren damit verbunden sind. Laut Xenophon ist es eindeutig:

Es sind die Gesetze des sagenumwobenen, weisen Königs Lykurg, den Xenophon in die Zeit der Herakliden setzt. Diese sind das eigentliche Thema der Schrift, nämlich die von Lykurg geschaffene staatliche und gesellschaftliche Ordnung, die der Bürgerschaft außerordentliches Glück brachte und sie über die negativ bewerteten Institutionen und Verhaltensnormen anderer griechischer Stadtstaaten erhoben hat.

Während man sich beispielsweise in Athen über die Liederlichkeit der Sklaven und Fremden beklagte, herrschte in Sparta eine feste soziale Rangordnung, die jedem seinen Platz zuwies und gesellschaftliche Unterschiede nicht verwischte. Die lykurgischen Gesetze, die elitäre Lebensführung der Spartiaten und die Herrschaft einer verhältnismäßig kleinen Schicht von Vollbürgern über eine weitaus größere Schicht von Abhängigen trugen dazu bei, dass Sparta zum politischen, pädagogischen, verfassungstheoretischen und sozialethischen Paradigma aristokratisch-oligarchischer Kreise innerhalb und außerhalb Athens wurde, welche die Demokratie ablehnten. Sparta wurde gleichsam zum Inbegriff eines idealen Staates, der der Demokratie nicht bedurfte, ja ohne sie sogar mächtiger und stabiler war. Besonders die Kindererziehung der Spartaner wird im Werk Xenophons gelobt, ebenso die körperliche Abhärtung, die Tugendhaftigkeit, Einfachheit und Bescheidenheit, ferner das Maßhalten bei Essen und Trinken und die militärischen Fähigkeiten in der Schlacht.

Doch auch in Sparta kam es im Laufe der Zeit zu Missständen. So kritisiert Xenophon in aller Deutlichkeit den Abfall der Spartaner von ihrer idealen Verfassung. Sparta war erfolgreich, solange es der göttlichen Führung vertraute und zu der lykurgischen Tradition stand. Der Niedergang stellte sich dann ein, als die Spartaner die Gesetze vernachlässigten, sich über die Götter erhoben und sich ehrgeizigen und skrupellosen Männern anvertrauten. Früher seien z.B., so Xenophon, die Fremden ausgewiesen worden und der Kontakt der Bürger mit Fremden verboten gewesen, heute hingegen hofften die Besten der Bürgerschaft, einen lukrativen Posten im Ausland zu erhalten. Die Spartiaten ließen sich ferner durch Gold korrumpieren und unternahmen Übergriffe in fremdes Recht und Eigentum, weil sie das Maßhalten in gegenseitiger Freundschaft verlernt hatten. Noch sei aber nichts verloren, so Xenophon, denn sie müssten nur wieder zu den Gesetzen des Lykurg und den Tugenden zurückkehren, um wieder zu einem idealen Staat zu werden.

Dazu nachfolgend ein Auszug aus dem Werk „Die Verfassung der Spartaner“:

„Ich will ebenfalls darlegen, welche Übereinkunft Lykurg zwischen dem König und der Stadt traf, denn dies ist die einzige Herrschaft, die so fortdauert, wie sie zu Beginn festgesetzt wurde; die anderen Verfassungen wird man verändert und auch heute noch im Zustand der Veränderung finden.

Er bestimmte nämlich, dass der König alle Opfer für den Staat vollziehe – kraft seiner göttlichen Abstammung [als Nachkommen des Herakles konnten die spartanischen Könige ihre Abstammung auf den Göttervater Zeus zurückführen] – und dass er das Heer, wohin es die Stadt entsenden möge, befehlige. Er verordnete ebenfalls, dass er eine Ehrengabe von den dargebrachten Opfern erhalte, und gab ihm so viel auserwähltes Land in vielen der Perioikenstädte [minderberechtigte um das politische Zentrum Sparta herum wohnende Angehörige des lakedaimonischen Staates], dass er weder Mangel an den notwendigen Dingen des Lebens hatte noch durch Reichtum hervorragte. Damit aber auch die Könige in der Öffentlichkeit speisen, wies er ihnen ein öffentliches Zelt zu und ehrte sie durch eine doppelte Ration bei der Mahlzeit, nicht damit sie das Doppelte äßen, sondern damit sie hierdurch die Möglichkeit hätten, jemanden zu ehren, wenn sie wollten. Überdies erlaubte er jedem der [zwei] Könige, sich zwei Zeltgenossen für das gemeinsame Mahl auszuwählen, die auch Pythier [offizielle Gesandte, die das Orakel von Delphi befragten] genannt werden. Er gab ihnen auch das Recht, aus jedem Wurf der Schweine ein Ferkel zu nehmen, damit niemals ein König Mangel an Opfertieren habe, falls es nötig sein sollte, die Götter zu befragen.

Und ein See nahe dem Haus bietet Überfluss an Wasser; dass auch dies in vielerlei Hinsicht nützlich ist, erkennen diejenigen eher, die es nicht haben. Und alle erheben sich vor dem König von ihren Sitzen, nur die Ephoren nicht von ihren Amtssesseln [Ephoren: fünf jährlich von der Volksversammlung gewählte Aufsichtsbeamte in Sparta]. Jeden Monat schwören sie einen neuen Eid, die Ephoren für die Stadt, der König für sich selbst. Der König schwört, dass er gemäß den bestehenden Gesetzen der Stadt herrschen werde, die Stadt, dass man seine Königsherrschaft unerschüttert erhalten werde, wenn er fest bei seinem Schwur verharre. Diese Ehren sind dem König auf Lebenszeit zu Hause (= Sparta) verliehen. Ehren, die um nicht viel die der gewöhnlichen Bürger übertreffen. Lykurg wollte nämlich weder bei den Königen tyrannischen Hochmut hervorrufen noch in den Bürgern Neid auf deren Macht erwecken.

Welche Ehren aber einem verstorbenen König zuteil werden, wollen die Gesetze des Lykurg dadurch offenbaren, dass sie die Könige der Lakedaimonier nicht wie Menschen, sondern wie Heroen besonders ehrten.“

Treffend fasst Xenophon auf S. 82, XIII, die Aufgaben des König bzw. der beiden Könige im Krieg (aber auch im Frieden) zusammen. „Da alle Bereiche so geregelt sind, bleibt dem König während eines Feldzuges keine andere Aufgabe übrig, als einerseits Priester im Hinblick auf die Götter und andererseits Feldherr im Hinblick auf die Menschen zu sein.“

Die Bürger Spartas waren zudem durch die Gesetze des Lykurgs zu größter Tugend angehalten. Auf S. 73, X, schreibt Xenophon: „Trefflich scheint mir Lykurg ebenfalls vorgeschrieben zu haben, wie Tugend bis ins Greisenalter geübt werden kann. Indem er nämlich an die Grenze des Lebens die Wahl der Gerusia [Ältestenrat] festsetze, stellte er sicher, dass auch im hohen Alter das Gute und Schöne nicht vernachlässigt wird. Bewunderung verdient auch, dass er den guten unter den alten Männern Schutz gewährte; indem er nämlich den Mitgliedern der Gerusia die Leitung über Gerichtsverfahren auf Leben und Tod anvertraute, gelang es ihm, dass das Greisenalter höher geachtet wurde als die körperliche Kraft derer, die in der Blüte ihrer Jahre stehen. Aus gutem Grund wird eben dieser Wettstreit (um die Mitgliedschaft in der Gerusia) von den Menschen mit dem größten Eifer betrieben. Vortrefflich sind nämlich auch die gymnastischen Wettkämpfe, aber diese beziehen sich auf körperliche Fähigkeiten; der Wettstreit um die Mitgliedschaft in der Gerusia indes hat eine Auswahl trefflicher Seelen zur Folge. […]

Er [Lykurg] legte ihnen [den Bürgern] zugleich den unüberwindbaren Zwang auf, jede politische Tugend zu üben. Denn denen, die den gesetzlichen Vorschriften genügten, verlieh er allen den gleichen Anteil am öffentlichen Leben der Stadt und berücksichtigte weder körperliche Gebrechen noch finanzielle Bedürftigkeit; wenn aber irgendeiner es aus Feigheit unterlassen würde, den Bestimmungen des Gesetzes sorgsam Folge zu leisten, dann sollte man diesen, so ordnete Lykurg an, künftig nicht als den Gleichen zugehörig betrachten.“

WBG Academic Verlag
erschienen 1998, Sonderausgabe 2010
Seitenzahl 167
Sprache Deutsch
ISBN 978-3-534-23114-0

49,90 Euro

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